Herr Lisse, Sie beschäftigen sich seit Mitte der 1990er-Jahre mit Produktdatenmanagement mit SAP. Wie ist Ihrer Einschätzung nach der Status-quo und was steckt dahinter?
Rolf Lisse: Das klassische SAP ERP übernimmt heute die zentrale Rolle der „Single Source of Truth“ bei der CAD-Datenverwaltung mit SAP. Ein effizienter und ressourcenschonender Ansatz, da SAP ERP bei Produktherstellern ohnehin flächendeckend im Einsatz ist und für die Verwaltung der CAD-Daten kein weiteres System dazwischen geschaltet werden muss.
Können Sie das mit einem Beispiel verdeutlichen?
Gern. Im Prinzip geht es für SAP Anwender darum, einen zentralen Ablageort für lokal erzeugte Produktdaten zu schaffen. Das wird sich übrigens auch mit der Cloud nicht grundlegend ändern. Indem Unternehmen ihr CAD ins SAP integrieren sowie kaufmännische und technische Prozesse verknüpfen, verwalten und steuern sie sämtliche Engineering-Daten und Dokumente im gesamten Produktlebenszyklus: eine strategische Entscheidung und Grundlage für echtes PLM. Stand heute werden bei unseren Kunden per Direktintegration Terabytes an CAD-Daten in SAP verwaltet und über intelligente Content- und Cacheserver-Architekturen zur Verfügung gestellt.
Wie funktioniert dieser Workflow im Zuge der Cloud-Vision?
Cloud-Umgebungen wie SAP S/4HANA sind im ERP-Kontext zweifellos der zukünftige Standard. Für das Engineering und den Umgang mit CAD-Daten müssen demnach neue Lösungen gefunden werden. Zumindest für die Szenarien, die sich am Markt durchsetzen.
Die da wären?
Ich sehe grundsätzlich zwei Möglichkeiten, mit denen sich Produkthersteller über kurz oder lang auseinandersetzen müssen:
On-Premise CAD to Cloud ERP: Die klassischen Engineering-Systeme, wie wir sie kennen, werden in die Cloud-ERP-Welt integriert. Hierzu muss eine neue Generation von CAD-Schnittstellen entwickelt werden, die sich gegen Latenzzeiten und Bandbreiten behauptet und die Akzeptanz der Anwender findet.
Cloud CAD to Cloud ERP: Wie Sie eingangs schon sagten, werden Cloud-gestützte CAD-Anwendungen immer häufiger zu einer tragfähigen Alternative. Es liegt also nahe, diese ERP-seitig mit Cloud-Umgebungen wie SAP S/4HANA zu verknüpfen.
Die Cloud wird also auch im Engineering eine Rolle spielen?
Das tut sie bereits. Cloud-basierte CAD-Systeme haben schon heute das Handwerkszeug für kollaboratives Echtzeit-Engineering: Ein Konstrukteur bohrt ein Loch durch eine Platte und sein Kollege, der auf der anderen Seite der Welt arbeitet, sieht es schon wenige Millisekunden später in seinem browsergestützten CAD-System. Aufgrund der entfallenden Hardware und geringen Administrationskosten liegt der Vorteil klar auf der Hand.
Demnach müssen Engineering-Cloud-Systeme auch bei der Cloud-ERP-Integration berücksichtigt werden? Und hier kommt CIDEON ins Spiel?
Richtig. Die Cloud-to-Cloud-Variante ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Baustein für ein zukunftsweisendes Engineering. Allerdings auch nur EIN Baustein, da natürlich auch das klassische CAD mit SAP S/4HANA kompatibel sein muss. Bei beiden Integrationsszenarien sind wir auf einem guten Weg und unterstützen ganzheitlich und gemeinsam mit SAP: Eine erste Lösung von Engineering-Cloud zu ERP-Cloud haben wir bereits über das SAP App Center zur Verfügung gestellt. Ich bin gespannt, wo die Reise noch hingeht. Fest steht, es gibt mehr als ein Szenario, das bedient werden muss.